Dienstag, 31. Oktober 2017

Die Altstadt Quitos

Am Freitag der vergangenen Woche habe ich (ich glaube das erste Mal in meinem Leben) die Schule geschwänzt, allerdings auf das sehr hartnäckige Drängen meiner Gastmutter (zählt das dann überhaupt richtig als schwänzen...?). In ihrem Kindergarten wurde nämlich Halloween gefeiert, und die Gelegenheit hat sie genutzt, um mich als Fotografin zu verwenden, mir ihre Schützlinge und das Haus zu zeigen und mir die Schminke in die Hand zu drücken. 
Der Kindergarten hier ist eigentlich kein richtiger Kindergarten, zumindest nicht nach dem System, das wir in Deutschland haben.
Selbst die zwei- bis sechsjährigen müssen hier bereits eine Uniform tragen (und zwar in gelb - uargh), die Kindergärtnerinnen werden, genauso wie die Lehrer an den Schulen, mit "profe" angesprochen, und es findet auch Unterricht statt, wenn auch eigentlich nur Sachunterricht und ein bisschen von allem.

Kostüme sind irgendwie überall die gleichen
Am Wochenende habe ich gemeinsam mit meiner Familie etwas nachgeholt, was bisher noch gefehlt hat: die koloniale Altstadt von Quito. Traurig, aber wahr: ich war bereits an der Küste, auf dem Cotopaxi und in Tulcán, habe das Zentrum meiner Heimatstadt aber erst am Samstag kennengelernt.
Ich habe ja bereits erwähnt, dass die Altstadt Quitos das erste Weltkulturerbe überhaupt ist, was sie meiner Meinung nach auch verdient hat. Im Gegensatz zu Deutschland sind die Gebäude hier alle original, was u.a. heißt, dass die Straßenzüge nicht von modernen Häusern unterbrochen werden.





Im Hintergrund sieht man das Wahrzeichen Quitos: la Virgen de El Panecillo
 Am Anfang sind wir einfach nur ein bisschen rumgelaufen, dann waren wir in einem Museum über Quitos Geschichte und haben später noch ein paar Kirchen besucht. Außerdem habe ich (wieder einmal) ein paar zusätzliche Tanten, Onkel und Cousins kennengelernt. Immer wenn ich glaube, langsam einen Überblick zu haben, kommt eine weitere Familie dazu; es ist eine einzige Katastrophe... 😓 
Abgesehen von meinen bisher vergeblichen Versuchen, die Namen meiner Großfamilie zu lernen, geht es mir gut.
Weil es hier ja keine Jahreszeiten gibt, bekomme ich vom deutschen Herbst glücklicherweise nichts mit, das Wetter bleibt eigentlich unverändert. Im Moment ist es allerdings sehr regnerisch, und hier bedeutet das, dass es "kalt" ist (ca. 13°C, aber hier ist das schon unterirdisch). Leider sind weder meine Klassenräume noch meine Schuluniform darauf ausgelegt, dass es auch mal kühl wird, weshalb die ganze Schule im Moment nur noch bibbert und mit wechselhaftem  Erfolg versucht, sich irgendwie aufzuwärmen. Naja, man gewöhnt sich daran, und die Lehrer drücken (zumindest teilweise) auch mal eine Auge zu, wenn unter dem T-Shirt und der Jacke ein zusätzlicher Ärmel hervorlugt...
Heute hatte ich dann das erste Mal das (zweifelhafte) Vergnügen, meiner Klasse (die übrigens seit 5 Jahren Französischunterricht hat) beim Französisch Lesen und Sprechen zuzuhören. Ich meine, ich wusste schon vorher, dass die Mehrheit hier keinen Satz formulieren, geschweige denn aussprechen kann, aber ich hätte nicht gedacht, dass auch das Lesen so eine Katastrophe ist. 
Allen deutschen Schülern, die sich regelmäßig über die Inkompetenz der Lehrer aufregen, kann ich nur Folgendes sagen: egal, wie blöd sie euch manchmal vorkommen: sie sind trotz allem (meistens) noch besser als die guten Lehrer hier.
Ich vermute, man muss erst ein Bildungssystem wie das ecuadorianische kennen lernen, um das deutsche schätzen zu können, dabei bin ich immerhin auf einer privaten Schule, da sollte doch normalerweise ein gewisses Niveau zu erwarten sein.
Insgesamt merke ich erst hier, wie gut Deutschland organisiert ist, und das gilt von Bildung über Elektrizität bis hin zum Verkehr (aber Dinge wie Natur, Wetter, Mentalität, etc. werden immer hier besser und einladender sein, hehe) .
Kommenden Donnerstag und Freitag haben wir frei, weil so etwas ähnliches wie Halloween gefeiert wird, und ich werde wahrscheinlich mit meiner Familie wegfahren, wir wissen allerdings noch nicht, wohin.
Liebe Grüße in das widerlich kalte und nasse Deutschland, das aber immerhin in allen Gebäuden funktionierende Heizungen hat,
Annika

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