Donnerstag, 15. März 2018

Meine neue Familie I

Ja, es sind wirklich schon 200 Tage - beinahe 7 Monate. Und nur noch 107 Tage. 
Am 28. Juni geht es schon zurück, und ich weiß einfach nicht, ob ich darüber glücklich oder traurig sein soll. Ich neige eher dazu, beinahe loszuheulen, wenn ich mit einem Freund darüber spreche. Als ich aus Deutschland weggegangen bin, war einfach klar, dass wir uns in spätestens einem Jahr wiedersehen können, und das ist hier nicht der Fall. Auch wenn ich bei zumindest einer Freundin schon weiß, dass sie in den Sommerferien eine Europatour macht und München auf jeden Fall besuchen wird, macht mich der doch sehr baldige Abschied sehr, sehr traurig.
Wenn ich mir so anschaue, wie hier die Zeit vergeht, wird der Abschied mir vorkommen, als wäre er morgen.
Versteht mich nicht falsch, ich freue mich auch irgendwie darauf, zurück nach Deutschland zu gehen, aber ich habe mich, meine Meinungen und Mentalität hier so sehr verändert... außerdem fällt Deutsch-Sprechen mir zunehmend schwerer (und ja, ich brauche die Übersetzer inzwischen weniger, um Spanisch zu verstehen, sondern eher, um mich an deutsche Wörter zu erinnern). Das klingt bestimmt vollkommen bescheuert, aber ich habe wirklich keine Lust darauf, noch einmal innerhalb eines Jahres keinen vernünftig zu verstehen, einen Akzent zu haben (das ch aus "ich" ist wirklich, wirklich schwer zu betonen!), außerdem ist die Einstellung hier so wunderbar entspannt... das werde ich wirklich vermissen.
Aber jetzt zu dem wirklich interessanten Teil: die Neuigkeiten aus meinem Leben. Heute kommt der Artikel über meine Familie und morgen alles, was sonst so passiert ist. Das würde sonst ein unfassbar langer Artikel werden, und das teile ich mir lieber auf 2 Tage auf, auch wenn ich heute so viel wie möglich schreibe.
Zuerst meine neue Familie: ich würde euch ja wirklich gerne Fotos von meinen Geschwistern und Eltern zeigen, aber leider spinnt meine Kamerakarte und zeigt mir nur die 3 Monate alten Fotos auf meinem Computer an, also müssen Beschreibungen reichen.
Zuerst zu meiner Schwester. Nur zur Erinnerung, sie heißt Dome, ist elf Jahre alt und nimmt eine Art Mutterrolle ein, zumindest für den Kleinsten. Dadurch, dass die Eltern ihr eigenes Unternehmen haben, sind sie nur sehr sehr wenig zu Hause. Die Haushälterin verbringt im Wesentlichen mehr Zeit mit den Kindern als die eigenen Eltern, aber da sie sehr lustig ist und ich mich gut mit ihr verstehe, ist das kein Problem. Okay, ich bin vom Thema abgekommen: also, die Knutschkugel der Familie nennt seine große Schwester manchmal sogar Mami. Jedenfalls verstehe ich mich mit ihr sehr gut, auch wenn es einige wenige Ausnahmen gibt, aber das ist ja normal, auch in der eigenen Familie. Sie ist jedenfalls eine lustige und manchmal sehr süße Schwester, vor allem, wenn sie Deutsch spricht oder es versucht. Das hört sie zwar gar nicht gern, aber sie ist wirklich niedlich. Genauso, wie Martín, der mit 8 Jahren mein zweites Geschwisterkind ist. 
Auch er kann ist sehr lieb sein, wenn er will. Wenn er gerade nerven möchte oder Lust darauf hat, den coolen Jungen raushängen zu lassen, kann er auch das hervorragend und verwandelt sich in ein "Monster", aber wenn man ihn einmal böse anschaut, hat sich das eigentlich auch wieder erledigt. Ich glaube, er hat sehr großen Respekt vor mir, aber glücklicherweise keine Angst mehr. Am Anfang war das, glaube ich, der Fall, aber ich bin mir nicht sicher. Auch er ist jedenfalls 90% der Zeit ein sehr netter Bruder (auch wenn das Wort nicht besonders gut beschreibt, was ich ausdrücken will. Egal.)
Und damit kommen wir zum jüngsten Familienmitglied, der Knutschkugel. Die Knutschkugel, alias Emilio, Emi oder Peluche, ist 2 Jahre alt und liebt seinen Großvater über alles, außer vielleicht "Pepa Pig", eine Kindersendung, von der ich die Musik schon nach einer Woche auswendig konnte, ich schwöre. Das Problem ist, dass er den Hundeblick absolut perfekt beherrscht und seeehr große Kulleraugen hat. Er kann zwar auch sehr gut nerven, aber das vergisst man nach 3 Minuten wieder. 
Jetzt zu meinen Eltern. Ich sage, ich glaube das habe ich schon einmal erwähnt, Mama und Papa. Auch wenn das am Anfang sehr komisch war, habe ich mich inzwischen daran gewöhnt und kann es nur jedem Austauschschüler empfehlen, denn dadurch fühlt es sich wirklich an wie eine Familie. Man ist nicht der Gast, sondern die Tochter. Ein weiterer Vorteil an dieser Familie ist, dass die Kinder sich hier gegenseitig nicht mit ñaño oder ñaña ansprechen, was im Spanischen so viel wie Bruder oder Schwester bedeutet, aber eigentlich keine Übersetzung hat. Es ist ein Kosename, den Leute, die keine Geschwister sind, ganz sicher nicht benutzen. In meiner jetzigen Familie werden Namen benutzt und fertig, was mir, glaube ich, lieber ist.
Zurück zu meinen Eltern. Beide sind, zumindest für ecuadorianische Verhältnisse, sehr streng, aber das stört mich nicht, um genau zu sein fühle ich mich damit wohler. Sie sind zwar sehr beschäftigt, aber, und ich weiß nicht wie, sie schaffen es trotzdem noch, ihre Kinder zu erziehen, ihnen bei den Hausaufgaben zu helfen, an Rotary-Veranstaltungen teilzunehmen und und und... Das ist vermutlich einfach Talent.
Das, was ich in dieser Familie sehr regelmäßig mache, ist Backen, und zwar alles, von Weihnachtsplätzchen bis hin zu Muffins. Der Grund bzw. die Gründe dafür sind relativ einfach: erstens wohnt meine Familie zu Fuß höchstens 5 Minuten vom Supermarkt entfernt, das heißt ich bin zumindest in diesem Punkt unabhängig, und zweitens mögen sie bisher ausnahmslos alles, was ich backe, was bei meiner vorherigen Familie leider nicht der Fall war.
Der Geschmack ist zwar anders als der der einheimischen ecuadorianischen Küche, aber als ich Plätzchen mit in die Schule genommen habe, um meinen Freunden ein bisschen deutsche Küche und Kultur zu zeigen, mochten sie die alle.
Der einzige Nachteil an meiner Familie ist, dass sie im ganzen Haus Kameras haben, außer in den Kinderzimmern und im Bad der Kinder, darum halten wir uns eigentlich den ganzen Tag in einem unserer Zimmer auf. Das Problem ist nämlich nicht, dass es Kameras gibt, das kann ich sogar noch verstehen, denn schließlich ist meine Familie wohlhabend und wohnt in Quito, da wäre ich auch vorsichtig, sondern, dass sie die Kameras zum Überwachen der Kinder verwenden. 
Hier ein Beispiel: meine Schwester war neulich krank und meine Eltern haben mich darum gebeten, dass wir ihr Zimmer nicht betreten. Ich bin dann irgendwann zu ihr gegangen, um zu fragen, ob sie irgendetwas braucht, und ungelogen 10 Sekunden später hat mein Vater angerufen, um mir zu sagen, dass ich das Zimmer bitte verlassen soll. Das fand ich schon ein bisschen gruselig, aber auch daran gewöhnt man sich schneller, als man denkt.
So, damit ist glaube ich alles gesagt... morgen geht es weiter, aber ich glaube, den Artikel zu teilen war eine gute Idee, denn auch bis hierhin ist er schon sehr sehr lang, zumal ich kein einziges Foto habe. Da setze ich mich irgendwann nochmal dran, versprochen.
Gute Nacht und bis morgen,
Annika

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